Feuchtgebiet Würzburg: Charlotte und die Körperflüssigkeiten

Endlich war es soweit, habe schon seit Tagen dieser Lesung entgegengefiebert… Das Buch selbst war ok, kein großer literarischer Wurf, aber doch sehr amüsant, wenn auch teilweise sehr radikal … Mein erster Gedanke beim Lesen war: Will Frau Roche ihrem derzeitigen “Karrieretief” mit einem saftigen und aufsehenerregenden Buch entgegenwirken? Doch zurück zur gestrigen Lesung im Saalbau Luisengarten…

Wie zu erwarten begann die in minzfarbenen Strickensemble gekleidete Charlotte Roche vor ausverkauftem Haus mit dem ersten Kapitel. Das ist am stärksten im Buch mit dem genialen Eröffnungssatz “Solange ich denken kann, habe ich Hämorrhoiden”. Besser kann man ja den Leser gar nicht einfangen….

Mit vielen Lachern sorgte das Würzburger Publikum für eine entspannte Lesung. Frau Roche hat auch schon gegen die peinliche Stille im Auditorium anlesen müssen und war sehr begeistert vom lockeren Würzburger Zuhörer. Zwischen den Passagen gab es auch einige Kommentare von Frau Roche, die recht amüsant die Entstehung der jeweils vorgelesenen Zeilen erklärte.

Dann las Frau Roche noch eine Passage aus einem späteren Kapitel… Anschließend kam es zum wirklich spannenden Teil des Abends: Der Fragerunde.

Neben den bei Lesungen üblichen Fragen (“Wie autobiographisch ist das Buch?”, “Wie lange haben Sie am Manuskript geschrieben?” etc.) wurden auch wirklich gute Fragen wie beispielsweise “Was denkt ihr Mann über das Buch”?, “Wäre es nicht interessant zu wissen, welche Käuferschichten ihr Buch erwerben?”, “Warum haben Sie Ihre Protagonistin mit 18 Jahren sterilisieren lassen” etc. Schließlich wurde auch noch eine Abstimmung seitens einer Dame aus dem Publikum angezettelt, die wissen wollte, er das Buch bereits gekauft hat, wer es nach der Lesung kaufen würde, und wer es, nachdem er es gekauft hat, wieder zurück geben würde…sehr amüsant… Danach gab es noch eine Signierstunde.

Alles in allem hat mir der Abend sehr gut gefallen, Frau Roche hat nicht wirklich viel aus dem Buch vorgelesen, nur die starken Stellen. Sie legte mehr Wert auf den kommunikativen Austausch mit dem Publikum. So erzählte sie nebenbei, dass ihr Verlag ihr Buch als sogenannte “Stellenliteratur” bezeichnet. So werden Bücher genannt, die vom Leser nur wegen einer bestimmten Stelle – meist erotischer Natur – gekauft bzw. gelesen werden.

Ich finde, das Buch sollte trotz aller Diskussion gekauft werden. Warum? Nun die Intention des Buches ist klar: Mütter bringt Euren Töchtern nicht den ganzen Schmonzes über die übertriebene Körperhygiene bei. Eine Muschi soll nicht Aloe Vera sondern nach Muschi riechen, wir brauchen keine Intimwaschlotion oder parfürmierte Slipeinlagen oder habt ihr schon mal einen Mann “gerochen”, der an den entscheidenden Stellen parfümiert war? Einmal am Tag duschen reicht völlig aus!

Auch ich kann mich noch gut an meine Mutter erinnern, die mir nahezu täglich sagte, ich solle mir eine frische Unterhose anziehen und mich untenrum möglichst sauber halten. Man wisse ja nie, ob man nicht ins Krankenhaus müsse. Frau Roche meinte dazu nur lapidar: “Na klar, ich habe einen Unfall und liege blutüberströmt auf der Straße und die Rettungssanitäter und Ärzte haben nichts besseres zu tun, als zu gucken, ob ich eine frische Unterhose ohne Muschischleim anhabe”. Dem kann ich nur zustimmen.

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