Die Schlange von Essex

Ich muss zugeben, ich war sehr neugierig auf dieses hochgelobte Buch aus England. Einerseits, weil ich sehr gerne britische Bücher lese, vor allen Dingen, wenn ihre Geschichten in einem historischen oder fantastischen Setting spielen. Und so musste natürlich auch Sarah Perrys “Die Schlange von Essex” von mir gelesen werden.

Und das Buch hat mich in keiner Zeile enttäuscht, denn die „Die Schlange von Essex“ brilliert durch ihre fabelhafte und stets auf den Punkt treffende, fast schon magische Sprache. Das Buch entwickelte einen Sog und ich kam einfach nicht mehr raus aus dieser tollen Geschichte. Das Buch ist ein Fest der Sinne, eine Ode an die Kraft der Sprache und die Magie der Worte. Alleine das Leseerlebnis ist es wert, dieses Buch zu lesen.

Und darum geht es: Cora Seaborne ist eine unkonventionelle Frau und  lebt nach dem Tod ihres Mannes gemeinsam mit ihrem Sohn und dessen Kindermädchen Martha alleine. Sie trägt liebend gerne Hosen (!), macht sich nicht so viele Gedanken über ihr Äußeres, ist sehr unabhängig und geht ihren wissenschaftlichen Interessen nach – sehr ungewöhnlich für die damalige Zeit. Die drei reisen nach Colchester, um nach dem Tod von Coras Mann erst einmal Abstand zu gewinnen.

Cora ist Anhängerin der Fossiliensammlerin Mary Anning und macht sich auch auf die Suche nach Fossilien – gekleidet in einem übergroßen Herrenmantel und mit schlammverkrusteten Stiefeln – erregt sich doch einiges Aufsehen in dem kleinen Ort.

Cora und Martha sind zwar sehr unterschiedlich, doch in ihrem Charakter sehr interessant dargestellt und sehr liebenswert. Auch die anderen Personen – allesamt ungewöhnlich, etwas merkwürdig – werden wie Außenseiter geschildert und sind genau deshalb – wegen ihrer Ecken und Kanten – so liebenswert, echt, lebendig und authentisch. Wer mag schon immer von perfekten Menschen lesen (wie dies z. B. in Liebesromanen meist der Fall ist ;-)).

Auf Einladung ihres Freundes Charles Ambrose reist sie schließlich nach Aldwinter und lernt den weltoffenen Pfarrer William Ransome nebst Frau Stella und deren Kinder kennen. Glaube und Aberglaube beherrschen die Menschen dort und als eine Schlange, ein wahres Monstrum, nach fast 200 Jahren wieder auftaucht und für Missernten, Tod und allem möglichen schuld ist, sind die Menschen in Aufruhr. Auch der Pfarrer ist gegen diesen Aberglauben machtlos.

Es geht also wie meistens um die großen Themen der Menschheit: Glaube, Liebe und technische Errungenschaften/Fortschritt/Wissenschaft. Hier scheiden sich viele Geister und auch im Buch ist es interessant zu lesen, wie unterschiedlich die einzelnen Menschen zu diesen Themen denken. Leider erwartet die Autorin jedoch, dass wir Leser uns viel auf der 2. Ebene – also zwischen den Zeilen – bewegen. Auch die Glaubensdiskussionen zwischen der freiheitsliebenden Cora und dem Pfarrer finden nicht immer direkt im Buch statt, sondern werden in Briefen vorgetragen. Und das erahnen zwischen den Zeilen kann nicht jeder, vor allen Dingen möchte man ja als Leser konkret verstehen und auch wissen, wie die Autorin bestimmte Dinge sieht und auch wie sie die Geschichte darbieten möchte. Ungeduldige Menschen werden das Buch vermutlich spätestens dann abbrechen. Dennoch lohnt es sich, das zeitgenössische Werk zu lesen. Denn die Geschichte Englands zu dieser Zeit liest sich sehr interessant und lebendig.

Achtung: Das Buch setzt ein gewisses Maß an Geduld voraus – wer eher schnell unterhalten werden möchte und 1000 Leichen in einem Buch braucht oder sich nicht mit allen Sinnen auf ein Buch einlassen kann, der sollte das Buch lieber nicht lesen. Ich mag diese langsamen, bild- und sprachgewaltigen Historienschmöker sehr gerne, weil ich Sprache sehr liebe und es auch sehr schätze, wenn Autoren so lebendig und tiefgründig schreiben können.

Fazit: Ein wunderbarer, brillant geschriebener, viktorianischer, sehr britischer und anmutiger, eleganter Roman über eine starke und faszinierende Frau, eingebunden in ein herrliches, historisches und sehr anziehendes Setting. Fantastisch! Bitte unbedingt lesen, alleine die Atmosphäre des Buches ist es wert, in dieses Buch einzutauchen! Wer jedoch Action liebt, der wird mit diesem eher gemächlichen Buch nichts anfangen können. Eine Meditation in Buchform für Menschen, die Sprache lieben und sich gerne in detailreichen Sprachbildern unterhalten und genießen möchte genau das Richtige ;-)!

Das schreibt der Eichborn Verlag:

London im Jahr 1893. Nach dem Tod ihres Mannes verlässt Cora Seaborne die Hauptstadt und reist gemeinsam mit ihrem Sohn Francis in den Küstenort Aldwinter. Als Naturwissenschaftlerin und Anhängerin der provokanten Thesen Charles Darwins gerät sie dort mit dem Pfarrer William Ransome aneinander. Beide sind in rein gar nichts einer Meinung, beide fühlen sich unaufhaltsam zum anderen hingezogen.

Über die Autorin:

Sarah Perry wurde 1979 in Essex geboren und lebt heute in Norwich. Ihr Roman Die Schlange von Essex war einer der größten Überraschungserfolge der letzten Jahre in England. Ausgezeichnet als Buch des Jahres 2016 der Buchhandelskette Waterstones, Gewinner des britischen Buchpreises 2017 für den besten Roman sowie für das beste Buch insgesamt. Der Roman war nominiert für den Costa Novel Award, den Dylan Thomas Prize, den Walter Scott, den Baileys und den Wellcome Book Prize.

Buchinformationen:

  • Gebundene Ausgabe: 496 Seiten
  • Verlag: Eichborn Verlag, erschienen am 29. September 2017
  • Preis: 24 Euro
  • ISBN-13: 978-3847900306
  • Vom Verlag empfohlenes Lese-Alter: Ab 16 Jahren
  • Originaltitel: The Essex Serpent
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